
Irène M. Staehelin-Schindler – ein Leben im Zeichen von Gerechtigkeit und Gleichberechtigung
Irène M. Staehelin-Schindler (1945–2019) war eine starke Verfechterin der Menschenrechte, der Frauenrechte und der Bewahrung indigener Kulturen. Für Sie war es stets wichtig, die globalen Ungleichheiten zu verstehen, sie zu beseitigen und für Gerechtigkeit und den Schutz marginalisierter und gefährdeter Gruppen einzustehen.
Ihre Wissbegierde brachte sie an die Universität Zürich, an der sie Kunstgeschichte und Philosophie studierte, bevor sie eine Ausbildung zur Fotografin antrat. Für ihre Arbeit als Fotografin reiste sie in den 1990er Jahren nach Südafrika, wo sie alte Felsmalereien der San dokumentierte. Als sie die Diskriminierung der San vor Ort miterlebte, sah sie sich zum Handeln gezwungen. Mit 50 Jahren schloss sie ihr Masterstudium in Anthropologie ab und studierte African Studies an der Universität Boston, um indigene Gemeinschaften besser verstehen und unterstützen zu können. Zudem engagierte sie sich im Vorstand von Cultural Survival (www.culturalsurvival.org).
Ihre Arbeit führte 1999 zur Gründung des Kultur- und Bildungszentrums !Khwa ttu nördlich von Kapstadt (khwattu.org). !Khwa ttu setzt sich für die Gemeinschaften der San und die Bewahrung ihres Erbes ein. Zwei Jahrzehnte lang arbeitete Irène M. Staehelin-Schindler mit hohen Persönlichkeiten der San und internationalen Fachpersonen zusammen, um das Zentrum zu einem Leuchtturm der kulturellen Wiederbelebung, Bildung und nachhaltigen Entwicklung zu formen.
Irène M. Staehelin-Schindler war auch eine unermüdliche Verfechterin der Geschlechtergerechtigkeit. In ihrer anthropologischen Forschung untersuchte sie die religiösen und sozialen Ursachen geschlechtsspezifischer Ungleichheiten, insbesondere die systematische Unterdrückung von Frauen. Dies veranlasste sie dazu, die Gründung eines Forschungszentrums an der Universität Zürich zu unterstützen. Das neue Zentrum befasst sich mit der evolutionären Kulturentwicklung und den Geschlechterrollen sowie der Rolle der Religionen im Zusammenhang mit Diskriminierung von und Gewalt gegen Frauen.
Ihr unermüdlicher Einsatz für Gerechtigkeit zeigte sich auch in ihrer Arbeit bei Human Rights Watch, wo sie Mitglied des Zürcher Komitees war. Sie setzte sich u. a. für die Beendigung von Menschenrechtsverletzungen durch autokratische und unterdrückerische Regierungen, für die Rechte der Frauen und den Schutz gefährdeter Gemeinschaften ein. Sie unterstützte zudem NGO, die Flüchtenden und Überlebenden von geschlechtsspezifischer Gewalt in der Schweiz und im Ausland helfen.
Sie war mit Dr. Jenö C. A. Staehelin verheiratet, einem ehemaligen Schweizer Diplomaten und UN-Botschafter. Als Tochter einer wohlhabenden Industriefamilie war sie sich ihrer privilegierten Position stets bewusst. Sie sah es als ihre Verantwortung, ihren eigenen Weg zu gehen und sich für Menschen in Not einzusetzen. Ihre Bescheidenheit, ihre starke Empathie und ihre Entschlossenheit, Veränderungen herbeizuführen, bestimmten ihr Lebenswerk. Selbst während ihrer Krankheit war sie stets engagiert und feierte 2018 die Eröffnung eines neuen Museumspavillons im !Khwa ttu.
Irène M. Staehelin-Schindler verstarb am 9. Februar 2019 und hinterlässt ein grosses Vermächtnis für Gerechtigkeit, Empowerment und Gleichberechtigung. Ihre Vision von Gleichberechtigung, Würde und Menschlichkeit lebt durch die Irene M. Staehelin Stiftung, !Khwa ttu sowie das lrene M. Staehelin Zentrum für evolutionäre Anthropologie und die Erforschung von Religion und Frauen in der Gesellschaft weiter.